Schülerblog: Ein neues Umfeld – Alisa Shlomenko
Im Jahr 2013 zog ich mit meiner Familie von Kiev, der Hauptstadt der Ukraine, nach Zürich. Dies führte für die ganze Familie zu grossen Komplikationen.
Vor dem Umzug selbst fingen wir zusammen mit meiner älteren Schwester an, uns über unser zukünftiges Umfeld zu informieren. Doch als ich dann in den Schweizer Kindergarten kam, nützte mir mein gebrochenes Hochdeutsch auch nichts, denn dort sprachen alle Kinder das sogenannte „Züridütsch“. Mit der Zeit fing ich an, auch den Dialekt zu verstehen und mit einem relativ starken Akzent zu sprechen. Über diesen Akzent wurde sich noch mehrere Jahre lang lustig gemacht. Glücklicherweise war mein Ego zu diesem Zeitpunkt viel zu gross, sodass es mich nie gestört hat.
Was für die ganze Familie neu war, war die Freundlichkeit. Wir fanden es äusserst seltsam, dass uns fremde Leute auf der Strasse angelächelt haben. Wieso die Kassiererin im Coop uns einen guten Tag wünschte, war ein grosses Geheimnis.
Allgemein unterscheidet sich die Verhaltensnorm extrem. Beispielsweise war es für mich und meine Schwester eine Bescherung, als wir erfahren haben, dass man sich nicht jeden Tag vor der Schule eine möglichst strenge Frisur flechten muss. In der Ukraine wird man nämlich nachhause geschickt, wenn man mit offenen Haaren zur Schule kommt. Ein Hemd muss man auch nicht tragen? Vermutlich waren das die zwei grössten Kulturschocks.
Seit über zehn Jahren in Zürich kann ich sagen, dass ich mich gut integriert habe. Mittlerweile ist das Schweizerdeutsch für niemanden in der Familie ein Problem und die Sprachbarriere konnte sich lösen. Ich war erst vier Jahre alt, als wir in die Schweiz migriert sind. Das wird vermutlich ein grosser Faktor sein, wieso ich mich schnell an die Umgebung gewöhnt habe, denn als kleines Kind fällt einem das Lernen einer neuen Sprache oft einfacher. Es gefällt mir sehr, in einer solch wundervollen Stadt wie Zürich aufwachsen zu dürfen und trotzdem die ukrainische Kultur zu kennen. Denn vor dem Anfang des Kriegs verbrachte ich jeden Sommer in der Ukraine, ob an meinem Geburtstort, Kiev oder bei meinen Grosseltern im südlichen Teil des Landes.
Strassen von Zürich kenn ich heute in- und auswendig. Trotz all den anfänglichen Herausforderungen bin ich unglaublich dankbar für die Erfahrungen, die ich hier gemacht habe. Während ich meine ukrainische Herkunft und Kultur schätze, bin ich auch stolz darauf, ein Teil der multikulturellen Gesellschaft von Zürich zu sein. Obwohl ich Kiev auch vermisse, ist Zürich mein Zuhause geworden.
Text von Alisa Shlomenko, 2. Sek Gjini