Schülerblog: Nachts unterwegs – Eva Herrmann
Leise schloss ich die Tür. Mein Herz pochte laut, als ich über den Parkplatz schlich und auf die Strasse trat. Es war eine kalte Nacht und die alte Strassenlaterne flackerte unheimlich. Ich war mir gar nicht sicher gewesen, ob ich es tun sollte, denn die beiden dunklen Gestalten, die schon am Abend aufgetaucht waren, hatten nicht gerade harmlos gewirkt. Da passierte etwas, denn sogar die Scheibe unseres Autos war eingeschlagen worden, die alte Nachbarin schrie wie neuerdings jede Nacht, zwei dunklen Schatten huschten immer wieder über den Parkplatz.
Ich musste herausfinden, wer für diesen ganzen Spuk sorgte. Ohne auch nur einen Mucks zu machen, kroch ich mich zu unserem Auto heran und kauerte dort, um die Ecke spähend, auf die Stelle, an der ich bereits zweimal diese Männer gesehen hatte. Oh nein, dachte ich, muss es gerade jetzt zu nieseln anfangen. Mein Atem sah aus wie eine aufsteigende Rauchwolke im flackernden Licht. Klirr! Jetzt fing der Spuk schon wieder an, dachte ich mir, auf der Stelle eingefroren. Schritte kamen näher, allmählich fing ich ein paar Worte auf: «Verdammt! Das war viel zu laut Fabrizio!» Diebe, ahnte ich sofort.
Ohne es mir noch einmal zu überlegen, war mir sofort klar, dass diese beiden Schurken unsere Nachbarin in Panik versetzten, dass sie unser Auto beschädigten und auch, dass sie mich ganz bestimmt nicht entdecken würden. Doch bei Letzterem hatte ich mich gewaltig geirrt. Als ich eben auf den Platz spähen wollte, verstummten die Stimmen auf einem Schlag. Ich wandte mich um und sah genau vor meiner Nase das Gesicht des grössten Verbrechens in ganz Texas. Der grinste und ich schrie mir die Lungen aus. „Wen haben wir denn da?», ertönte der zweite Mann. Ich erkannte seine Stimme sofort.
Das war mein Biologielehrer Fabrizio Makolenson. „Depp!“, murmelte Anton Bugs, der grösste Verbrecher. „Lass uns verschwinden! Keine Zeit für Dummheiten. Das Licht in einer Wohnung ist an!» Fabrizio erbleichte und starrte mich an. Tränen rannen mir über das kalte Gesicht. Ich fühlte mich betrogen, hatte unglaubliche Angst und war erleichtert zugleich. „Mit dir bin ich noch nicht fertig», flüsterte Anton Bugs kalt, funkelte mich aus seinen leeren, schwarzen Augen an und war über alle Berge, als auch schon unsere Haustür aufging. „Lydia!“, schrie meine Mutter und umarmte mich fest. „Was tust du nur? Was hast du mit denen gemacht? Oh, ich bin fast gestorben vor Angst!» Mum umarmte mich liebevoll und unsanft zugleich. Ich zitterte immer noch. Als ob sie mich wachschütteln wollte, ruckelte Mum meine Schultern grob hin und her. Ich war traumatisiert. Kein Wort kam aus meiner Kehle. Erst nächsten Morgen erzählte ich alles detailliert. Eine Woche später wurden Anton Bugs und Fabrizio Makolenson verhaftet.
Amelie, meine beste Freundin hielt mich für eine Heldin, doch meine Eltern verdonnerten mich zu Hausarrest. Seitdem habe ich nur eine Sache im Kopf: Verlasse nie das Haus bei Nacht!
Aufsatz von Eva Anastacia Herrmann, Gymivorbereitungskurs 2023-2024